Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes kam es 2018 zu insgesamt 2.636.468 Verkehrsunfällen auf deutschen StraĂen. FĂźr die Unfallbeteiligten ist ein Autounfall meist ein einschneidendes Erlebnis und meist herrscht groĂe Unsicherheit hinsichtlich des richtigen Verhaltens am Unfallort. Zudem wissen viele Verkehrsteilnehmer nicht genau, was sie beachten mĂźssen, wenn sie den Unfall der Versicherung melden mĂśchten. Wir zeigen Ihnen, was Sie bei einem Verkehrsunfall unbedingt beachten sollten.
Seitenübersicht
Ein Unfall – was tun? Die Checkliste
Das richtige Verhalten nach einem Unfall ist wichtig, um spätere Unstimmigkeiten mĂśglichst zu vermeiden. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, nach dem Autounfall die richtigen MaĂnahmen zu ergreifen.
- Sofort anhalten und Unfallstelle absichern:
- schalten Sie die Warnblinkanlage ein
- steigen Sie aus dem Auto und ziehen Sie die Warnweste an
- stellen Sie ein Warndreieck auf: 100 m Entfernung auf LandstraĂen / 200 m Entfernung auf Autobahnen
- bei kleinen Schäden: Entfernen Sie das Fahrzeug umgehend aus der Gefahrenzone.
- bei grĂśĂeren Schäden: Entfernen Sie keinesfalls die Unfallspuren und warten Sie die Unfallaufnahme ab.
- Erste Hilfe & Notruf:
Leisten Sie verletzten Personen Erste Hilfe und informieren Sie die Rettungskräfte (Polizei: 110 und/oder Feuerwehr: 112). Bei klaren Bagatellschäden muss die Polizei zwar nicht zwingend eingeschaltet werden, dennoch ist dies durchaus empfehlenswert. In bestimmten Fällen sollten Sie keinesfalls auf die polizeiliche Unfallaufnahme verzichten:
- verletzte Personen
- Fahrerflucht
- hohe Sachschäden
- unfallbeteiligte Personen stehen unter Drogen- und/oder Alkoholeinfluss
- strittige Schuldfrage
- Unfallgegner reagiert aggressiv und/oder streitet die Schuld ab
- Unfallgegner: Fahrer oder Fahrzeug stammt aus dem Ausland
Halten Sie beim Notruf das W-Schema ein: Wer meldet? (Name und Unfallort) Wo ist der Unfall passiert? Was ist passiert?
-
Die Unfall-Dokumentation:
- fotografieren Sie die Unfallstelle, die beteiligten Fahrzeuge sowie die entstandenen Schäden
- lassen Sie sich die Ausweispapiere des Unfallgegners zeigen
- halten Sie Ort, Datum und Uhrzeit des Unfallgeschehens fest
- notieren Sie Namen und Adressen von mĂśglichen Unfallzeugen
- Unfallbericht:
Den Unfallbericht erhalten Sie in der Regel als Vordruck von Ihrer Kfz-Versicherung. Alle Unfallbeteiligten sollten den Bericht gemeinsam ausfĂźllen. Besonders wichtig sind die folgenden Daten:
- die amtlichen Kennzeichen der Unfallbeteiligten
- Anschrift des jeweiligen Fahrzeughalters anhand der Ausweispapiere (falls abweichend: Name und Anschrift des Fahrers ebenfalls notieren)
- Ort, Datum und Uhrzeit des Unfalls
- Unterschriften aller Unfallbeteiligten
- Wichtig fßr Geschädigte und Schädiger:
Als Geschädigter: Erfragen Sie vom Verursacher Versicherungsnummer und Name des zuständigen Versicherungsunternehmens, damit Sie Ihre SchadenersatzansprĂźche anmelden kĂśnnen. Wenden Sie sich direkt an die Autoversicherung des Verursachers. Wird das Auto in einer Werkstatt repariert, kĂśnnen Sie hier eine Reparaturkosten-Ăbernahmeerklärung unterschreiben. AnschlieĂend rechnet die gegnerische Versicherung direkt mit der Werkstatt ab.
Als Schadenverursacher: Unterschreiben Sie keinesfalls am Unfallort ein Schuldanerkenntnis – auch nicht bei zweifelsfrei geklärter Schuldfrage. Dies fĂźhrt mĂśglicherweise zu groĂen Problemen mit dem Versicherer. Melden Sie den Schaden schnellstmĂśglich Ihrer Kfz-Versicherung.
Der Schädiger: Unfall der Versicherung melden – gibt es Fristen?
Der Unfallschaden sollte nach MĂśglichkeit immer sofort gemeldet werden
Grundsätzlich mßssen Sie einen Schaden umgehend melden und eine Meldefrist einhalten, wenn Sie den Schadenfall bei der Versicherung melden mÜchten. Versäumen Sie die gesetzte Frist, kann dies dazu fßhren, dass die Versicherung Leistungen teilweise oder sogar komplett verweigert. In den seltensten Fällen verlieren Versicherungsnehmer bei verspäteter Meldung vollständig den Versicherungsschutz, dennoch ist eine rechtzeitige Meldung durchaus ratsam.
Als Unfallverursacher sind Sie im Schadenfall zur fristgerechten Meldung verpflichtet, ßblich ist hier eine Frist von einer Woche. Bei einem schweren Unfall mit Verletzten und/oder Toten ist sogar eine Meldung innerhalb von 48 Stunden erforderlich. Eine Frist von einer Woche wird in § 104 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sowie explizit in den Allgemeinen Bedingungen fßr die Kfz-Versicherung (AKB) erwähnt, die als unverbindlich Mustervorlage der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. verÜffentlicht werden. Den Versicherungsunternehmen steht es jedoch frei, die Frist individuell zu setzen, daher lohnt sich im Zweifelsfall ein Blick in Ihren Versicherungsvertrag. In der Regel ist die Informationspflicht vertraglich verankert. Einen Kaskoschaden sollten Sie ßbrigens ebenfalls innerhalb von einer Woche melden.
Der Geschädigte: Versicherung kontaktieren & Schaden melden.
Auch wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, sollten Sie dennoch Ihre eigene Kfz-Versicherung informieren. Es ist mĂśglich, dass der Schadenverursacher AnsprĂźche anmeldet. In diesem Fall tritt eine ebenfalls sehr wichtige Funktion der Kfz-Haftpflichtversicherung in den Vordergrund – die Abwehr unberechtigter AnsprĂźche durch Dritte.
Als Geschädigter steht Ihnen das Recht auf Schadenersatz zu. Wenn Sie Ihre AnsprĂźche anmelden mĂśchten, mĂźssen Sie nicht warten, bis der Unfallverursacher den Schaden seiner Versicherung gemeldet hat. Machen Sie Ihren Anspruch selbst geltend und teilen Sie der gegnerischen Versicherung Ihre AnsprĂźche sowie die geforderten Kosten mit. Eine Meldefrist wird diesbezĂźglich im Verkehrsrecht nicht genannt. Die Meldung sollte jedoch in Ihrem eigenen Interesse mĂśglichst frĂźhzeitig erfolgen, damit es nicht zu unnĂśtigen VerzĂśgerungen in der Schadensregulierung kommt. Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 195 BGB greift auch hier die regelmäĂige Verjährungsfrist von drei Jahren. Warten Sie jedoch nicht zu lange, da die BeweisfĂźhrung mit fortschreitendem Zeitabstand deutlich schwieriger wird.
Wenn der Unfallgegner Ihnen die Versicherungsdaten nicht ßberlassen hat, kÜnnen Sie sich an den Zentralruf der Autoversicherer wenden. Unter der Telefonnummer (0800) 250 260 0 geben Sie lediglich das Autokennzeichen des Schädigers sowie den Schadentag an und erhalten die erforderlichen Angaben zur gegnerischen Versicherung. Auch bei einem Unfall in einem anderen EU-Mitgliedsstaat sowie in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz kann der Zentralruf der Autoversicherer weiterhelfen. In diesem Fall mßssen Sie zusätzlich zu Schadentag und Kfz-Kennzeichen auch das Unfallland sowie das Herkunftsland des gegnerischen Fahrzeuges angeben.
Unfall in Deutschland & Unfallgegner aus dem Ausland
Fand das Unfallereignis in Deutschland unter Beteiligung eines ausländischen Unfallgegners statt, ist der Zentralruf der Autoversicherer nicht zuständig. In diesem Fall mĂźssen Sie sich an das Deutsche BĂźro GrĂźne Karte wenden. Hier kĂśnnen Sie eine Onlineanfrage vornehmen und erhalten Auskunft zum zuständigen Schadenregulierer in Deutschland. Wenn Ihnen Daten zur Versicherung des Unfallgegners vorliegen, erhalten Sie die Kontaktdaten des deutschen Regulierers in der Regel per Sofortauskunft. Ist Ihnen der Versicherer nicht bekannt, tragen Sie die bekannten Daten zum Unfallgegner und zum Schadentag in das Onlineformular ein. Das Deutsche BĂźro GrĂźne Karte leitet anschlieĂend die weiteren Schritte ein.
Wie melde ich einen Unfall der Versicherung?
Die Unfallmeldung an die gegnerische Versicherung sollte im Idealfall schriftlich erfolgen. Bei einem Schaden jenseits der Bagatellschaden-Grenze steht einem Geschädigten das Recht zur Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen zu. Sie kĂśnnen einen Gutachter Ihrer Wahl einschalten und mit der Feststellung der Schäden beauftragen. Wenn Geschädigte einen Unfall der Versicherung melden, wird meist ein Schadenservice oder Schadenmanagement angeboten. Lassen Sie sich keinesfalls auf diese Angebote ein, da hier ausschlieĂlich die Interessen der gegnerischen Versicherung im Vordergrund stehen.
Ziel dieses Schadenmanagements ist grundsätzlich, die Kosten mĂśglichst gering zu halten – dies kann jedoch keinesfalls im Interesse des Geschädigten sein. Der Anspruchsteller soll daran gehindert werden, seine Rechte auf juristische Beratung und freie Auswahl des Sachverständigen sowie der Werkstatt wahrzunehmen. Lehnen Sie dankend ab und schalten Sie einen versierten Anwalt fĂźr Verkehrsrecht sowie einen Sachverständigen Ihrer Wahl ein, die Kosten werden von der Versicherung des Verursachers Ăźbernommen. Wird eine Teilschuld des Geschädigten festgestellt, erfolgt eine KĂźrzung der Leistungen.
Die Versicherung zahlt nicht – wer hilft?
Es kann vorkommen, dass die gegnerische Versicherung die Zahlung verzÜgert, kßrzt oder sogar verweigert. Legen Sie in jedem Fall Beschwerde bei der Versicherung ein. Falls keine Reaktion erfolgt oder Ihnen ein abschlägiger Bescheid zugeht, kÜnnen Sie einen Ombudsmann einschalten. In der Regel finden Sie die Adresse im Internet auf der Seite der betreffenden Versicherung. Der Ombudsmann kann in Schadenfällen bis zu einer SchadenshÜhe von 10.000 Euro Entscheidungen treffen, die fßr die Versicherung verbindlich sind.
Häufig fßhrt jedoch kein Weg an anwaltlicher Hilfe vorbei. Wenn Sie schuldlos in einen Unfall verwickelt wurden, empfehlen wir grundsätzlich die Einschaltung eines versierten Fachanwalts fßr Verkehrsrecht. Er regelt die gesamte Korrespondenz mit dem Versicherungsunternehmen und kann in vielen Fällen schnell zu einer Klärung des Sachverhalts beitragen. Fßhrt auch die Einschaltung des Anwalts nicht zum gewßnschten Erfolg, bleibt meist nur noch das Gericht.
Bei Unfallflucht kann häufig kein Verursacher ermittelt werden und die Geschädigten bleiben auf ihren Kosten sitzen. In diesem Fall kÜnnen Sie sich an die Verkehrsopferhilfe e.V. wenden. Dabei handelt es sich um einen eingetragenen Verein der deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer und gewährt Hilfe fßr Unfallopfer, wenn keine Kfz-Haftpflichtversicherung eintritt.
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine Rechtsberatung. Bitte konsultieren Sie fĂźr eine rechtlich bindende Beratung einen Rechtsanwalt fĂźr Verkehrsrecht.