Glücklicherweise kommt es bei den meisten Unfällen lediglich zu Blechschäden. Dennoch gibt es bei ca. 15 % aller Unfälle auch Personenschäden. In diesem Zusammenhang kommt oft das Thema Schmerzensgeld nach Unfall zum Tragen. Geschädigten Personen steht nämlich neben der Übernahme der Heil- und Behandlungskosten in vielen Fällen zusätzlich Schmerzensgeld zu. Erfahren Sie hier mehr darüber, wofür Schmerzensgeld gezahlt wird, wie hoch die Zahlungen in der Regel sind, wer die Beweislast hat und warum unbedingt ein Fachanwalt zur Durchsetzung der Ansprüche auf Schmerzensgeld beauftragt werden sollte.
Seitenübersicht
Die wichtigsten Punkte vorab
- Schmerzensgeld kann als Schadensersatz für die physischen und psychischen Folgen eines Unfalls beantragt werden.
- Die Zahlung erfolgt durch die Kfz Versicherung des Unfallverursachers.
- Diese Versicherung muss daneben auch alle Reparaturen, das Unfallgutachten und die Anwaltskosten des Unfallopfers zahlen.
- Die Beweislast für den Anspruch auf Schmerzensgeld liegt beim Unfallgeschädigten.
- Bei eher geringen Beeinträchtigungen (Kopfschmerzen, Schleudertrauma o.ä.) wird eine Schmerzensgeldzahlung von Versicherungen oft zunächst abgelehnt.
- Es gibt keine allgemein gültige Schmerzensgeldtabelle, die Gerichte und Versicherungen orientieren sich in der Regel an vorhandenen Urteilen.
Was ist Schmerzensgeld – Definition
Schmerzensgeld wird rechtlich als Anspruch auf Schadensersatz zum Ausgleich für immaterielle Schäden angesehen. Schmerzensgeld wird in Form einer Geldzahlung geleistet, der Schaden selbst ist dabei jedoch nicht vermögensrechtlicher, sondern physischer oder psychischer Art. Im deutschen Recht wird zusätzlich eine Sühnefunktion impliziert.
Was bedeutet Schmerzensgeld im rechtlichen Sinne?
Aus Sicht des Gesetzgebers handelt es sich bei einem Personenschaden um einen immateriellen Schaden. Bis 2002 fand der Schmerzensgeldparagraf (§ 847 BGB) Anwendung, der jedoch im Zuge der grundlegenden Reform aufgehoben und durch § 253 BGB ersetzt wurde. Dieses Gesetz besagt zunächst lediglich, dass bei Schäden, die nicht als Vermögensschäden eingestuft sind, Schadensersatz gefordert werden kann. Im zweiten Absatz werden ausdrücklich gesundheitliche Schäden und körperliche Verletzungen genannt, für die eine Geldleistung als billige Entschädigung gefordert werden kann.
Was bedeutet „Billige Entschädigung in Geld“?
Kommt es im täglichen Straßenverkehr zu einem Unfall mit Personenschaden, kann die geschädigte Person nach § 253 II BGB eine billige Entschädigung in Geld einfordern. Das Gesetz gibt keine expliziten Vorgaben zur genauen Höhe der möglichen Entschädigungsbeträge. Der vom Gesetzgeber gewählte Begriff „billig“ bringt zum Ausdruck, dass bei einem Anspruch im Schadensfall alle prägenden Umstände zur Festlegung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden müssen.
Wie wird Schmerzensgeld nach Unfall berechnet?
Das Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall soll dem Opfer als angemessener Ausgleich für die erlittenen Schäden wie Schmerzen oder körperliche Beeinträchtigungen dienen. Generell kann bei immateriellen Schäden nicht in jedem Fall ein vollständiger Ausgleich erfolgen – so ist beispielsweise eine Geldleistung kein wirklicher Ausgleich für die langfristigen Folgen einer Querschnittslähmung.
Folgende Kriterien sind für eine angemessene Ausgleichsfunktion relevant:
Eingriffsintensität & Verletzungsgrad
Erforderliche Operationen zur gesundheitlichen Wiederherstellung wiegen deutlich schwerer als Beschwerden wie zum Beispiel leichte Schürfwunden oder Prellungen.
Schmerzintensität
Für die Höhe des Schmerzensgeldes sind Art und Dauer der Schmerzen relevant. Ist das betreffende Opfer arbeitsunfähig, werden auch der Grad sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit in die Bemessung mit einbezogen.
Folgeschäden
Stehen spätere Folgeschäden bereits fest oder sind nach ärztlichen Einschätzungen wahrscheinlich, wirkt sich dies auf die Höhe des Schmerzensgeldes aus. Dies bezieht sich gleichermaßen auf psychische und organische Beeinträchtigungen, allerdings ist die Feststellung im Einzelfall durchaus schwierig.
Genugtuung
Zusätzlich zum Ausgleich für die erlittenen Schäden erfüllt das Schmerzensgeld auch eine Genugtuungsfunktion. Dahinter steht der Gedanke, dass der Schädiger dem Opfer Genugtuung für die erlittenen Schäden schuldet. Der im deutschen Recht in Bezug auf Schmerzensgeld vorhandene Aspekt der Sühne findet hier seinen Ausdruck. Handelte der Verursacher grob fahrlässig oder vorsätzlich, ist dies ein schwerwiegender Aspekt. Für die Bemessung sind die jeweiligen Vermögensverhältnisse von Schadenverursacher und Unfallopfer ebenfalls relevant, denn eine wirtschaftlich bessere Position des Schädigers wirkt sich in der Regel erhöhend aus. Zudem kann sich eine mutwillige Verzögerung der Schadensabwicklung zusätzlich negativ auswirken.
Wann besteht Anspruch auf Schmerzensgeld?
Nach einem Unfall liegt die Beweislast bei einem Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich beim Geschädigten. Er muss somit nachweisen, ob und in welchem Umfang ein Schaden entstanden ist. Insbesondere bei leichten Beschwerden wie Zerrung, Verstauchung oder Schleudertrauma kommt es häufig zu Streitigkeiten. mit der Kfz-Versicherung des Verursachers, die für die Zahlung von Schmerzensgeld zuständig ist.
Besteht Anspruch auf Schmerzensgeld bei Schleudertrauma?
Ein gängiges Streitthema mit Versicherungen ist die Distorsion der Halswirbelsäule (Schleudertrauma), die zu den häufigsten Folgen von Unfällen zählt. Hier kann es in einem Zeitraum von bis zu 72 Stunden zu folgenden mehr oder weniger ausgeprägten Symptomen kommen:
- Kopf- und Nackenschmerzen
- unsicherer Gang
- Sprachstörungen
- Schwindel und Desorientierung
- Muskelfunktionsstörungen
- und mehr
Falls die Geschwindigkeitsveränderung des Fahrzeuges durch den Aufprall weniger als 10 km/h betrug, werden viele Versicherer die Zahlung mit Verweis auf die Harmlosigkeitsgrenze verweigern. Hier ist dann ein eindeutiger Nachweis unbedingt erforderlich, der nach Ansicht des LG Saarbrücken durch einen ärztlichen Befund eindeutig erbracht werden kann (siehe Az. 2 S 159/02). Auch der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass unter Berufung auf § 253 BGB eine individuelle Einzelfallprüfung erfolgen muss und somit kein genereller Verweis auf die Harmlosigkeitsgrenze erfolgen darf.
Wann bestehen Ansprüche bei Schockschaden?
Neben körperlichen Beschwerden kann auch bei einem Schockschaden Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen. Wenn ein Geschädigter den Unfalltod eines Angehörigen unmittelbar miterlebt, kann dies zu dauerhaften psychischen Beeinträchtigungen führen, die keinesfalls als normale Trauerphase gelten können. Entwickelt das Opfer beispielsweise eine Depression oder eine Psychose, können aufgrund dieser seelischen Belastung Ansprüche auf Schmerzensgeld bestehen.
Wie werden Folgeschäden nach einem Unfall berücksichtigt?
Kommt es nach einem Autounfall zu Folgeschäden, können auch diesbezüglich Schadenersatzansprüche entstehen. In den meisten Fällen werden bei Langzeitschäden in Anlehnung an die Vorgaben von § 843 BGB Geldrenten gezahlt. Alternativ kann der Geschädigte statt der Rentenzahlung auch eine Kapitalabfindung verlangen. In diesem Fall wird die ermittelte Summe als Einmalzahlung geleistet und somit der gesamten Verfahrensvorgang beendet.
Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes festgelegt?
Pauschale Angaben zur Höhe des Schmerzensgeldes bei bestimmten Verletzungen sind nicht möglich. Wenn nach einem Verkehrsunfall Ansprüche erhoben werden, erfolgt in jedem Fall eine Einzelfallprüfung. So können je nach individuellem Einzelfall möglicherweise bereits Ansprüche auf Schmerzensgeld entstehen, wenn der Geschädigte nach einem Unfall lediglich unter Nackenschmerzen oder Sprach- und Konzentrationsstörungen leidet.
Gibt es eine Tabelle zur Höhe von Schmerzensgeld?
Im Zusammenhang mit Schmerzensgeld nach einem Unfall taucht immer wieder der Verweis auf die Schmerzensgeldtabelle auf. Leider wird die Höhe der Ansprüche jedoch nicht einfach anhand einer einzelnen Tabelle bestimmt. Relevant sind in der Regel unterschiedliche Gerichtsurteile zu ähnlichen Fällen. In der Praxis finden beispielsweise folgende Orientierungshilfen Anwendung:
- Schmerzensgeldtabelle der OLG Celle
- Beck’sche Schmerzensgeldtabelle (mit Datenbank IMM-DAT)
- ADAC-Schmerzensgeldtabelle
Die Angaben in diesen Tabellen können im Einzelfall jedoch lediglich als Richtwerte zur Orientierung dienen und sollten keinesfalls als dogmatische Grundlage für Schadensersatzforderungen betrachtet werden.
Für die Durchsetzung Ihrer Ansprüche sollten Sie bei der Forderung von Schmerzensgeld nach einem Unfall in jedem Fall einen Anwalt für Verkehrsrecht kontaktieren. Die Kosten für den Anwalt müssen, genauso wie die Kosten für das Unfallgutachten, von der Versicherung des
3 Kommentare
[…] Reparatur und den Anwaltskosten weitere Ansprüche für Sie geltend, dazu zählen beispielsweise Schmerzensgeld, Nutzungsausfall oder […]
[…] und Entsorgungskosten. Wurden Sie bei dem Unfall verletzt, steht Ihnen möglicherweise ein Schmerzensgeld zu. Für Geschädigte ist es grundsätzlich empfehlenswert, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht […]
Ich fand die Schmerzensgeldtabelle sehr interessant und habe mehr über das Schmerzengeld gelernt. Mein Bruder war in einem Unfall und der andere Fahrer war zur Schuld. Zum Glück hatte mein Bruder einen guten Anwalt für Verkehrsrecht und hat das Geld für seine Verletzungen bekommen.