Dellen, Schrammen oder Kratzer sind alltägliche Beschädigungen, von denen kaum ein Auto verschont bleibt. Ein Bagatellschaden ist ärgerlich, stellt in der Regel jedoch keine schwerwiegende Beschädigung des Fahrzeuges dar. Als Verursacher sollten Sie diese kleinen Makel dennoch nicht ignorieren, damit Sie nicht mit dem Vorwurf der Fahrerflucht konfrontiert werden. Wir zeigen Ihnen, wie Sie bei der Meldung von Bagatellschäden vorgehen müssen und was Sie im Schadenfall beachten sollten.
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Was ist ein Bagatellschaden?
Bei Bagatellschäden handelt es sich um geringfügige Schäden, die eine bestimmte Schadenhöhe nicht überschreiten. Der Gesetzgeber hat keine Angaben zu diesem Wert festgelegt, nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2004 (Az. VI ZR 365/03) gelten jedoch Beschädigungen bis zu einer Grenze von 700 Euro als Bagatellschäden. Dieser Grenzwert ist lediglich ein grober Richtwert und keine feste Größe. Es gibt weitere Urteile, die einen Wert von 750 Euro nennen und je nach Versicherer liegt die Bagatellgrenze bei Kfz-Schäden bei 750 bis 1.000 Euro.
Nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2004 (Az. VI ZR 365/03) gelten jedoch Beschädigungen bis zu einer Grenze von 700 Euro als Bagatellschäden.
In der Regel handelt es sich bei Bagatellschäden um Beschädigungen wie leichte Lackschäden, beschädigte Außenspiegel oder kleinere Dellen. Generell bezieht sich dies ausschließlich auf Sachschäden, denn leichte Personenschäden zählen nicht zu dieser Kategorie. Die Einstufung eines Schadens als Bagatellschaden ist für Laien meist sehr schwierig, denn auch Wert und Alter des Fahrzeuges spielen hier eine wesentliche Rolle. Charakteristisch für einen Bagatellschaden ist, dass er den Fahrzeugwert nicht nachhaltig beeinträchtigt. Somit kann ein Kratzer bei einem Luxusfahrzeug durchaus die Bagatellgrenze überschreiten, während er den Wert eines älteren Autos nicht maßgeblich beeinflusst.
Unfallfrei trotz Bagatellschäden?
Wenn Sie einen Gebrauchtwagen kaufen möchten, werden Sie ohne Zweifel unzählige Angebote finden, in denen Fahrzeuge als unfallfrei angepriesen werden. Per Definition ist ein Fahrzeug nur dann unfallfrei, wenn es bisher noch nicht in einen Unfall verwickelt wurde. Bei genauer Betrachtung würde somit kaum ein älteres Auto diesen Titel verdienen, denn im Laufe der Zeit sind kleinere Kratzer, Dellen & Co. kaum vermeidbar. Im Verkehrsrecht gibt es jedoch eine genaue Abgrenzung zwischen Bagatellschäden und Unfallschäden, daher gilt ein kleiner Kratzer durch einen Parkrempler nicht als Unfallschaden.
Als unfallfrei kann ein Fahrzeug nur dann bezeichnet werden, wenn es sich bei reparierten Schäden um wirkliche Bagatellen handelt. Die Reparaturen dürfen den Fahrzeugwert nicht negativ beeinflussen, dies ist beispielsweise bei Kratzern im Lack, einer gerissenen Frontscheibe oder einem defekten Scheinwerfer der Fall. Unfallfrei bedeutet somit nicht automatisch frei von Reparaturen oder Mängeln.
Vorgehensweise bei Bagatellschäden
Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit kann schnell zu einem Autounfall führen. Auch wenn es sich lediglich um einen kleinen Schaden handelt, sollten Sie den vermeintlichen Bagatellschaden dennoch nicht unbeachtet lassen. Haben Sie beim Ausparken ein anderes Fahrzeug gestreift oder den Außenspiegel beschädigt, dann verlassen Sie auf keinen Fall die Unfallstelle. Auch bei einem kleinen Schaden kann Ihnen dieses Verhalten als Unfallflucht ausgelegt werden. Nach § 142 StGB (Strafgesetzbuch) droht in diesem Fall eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren sowie der Entzug der Fahrerlaubnis.
Beachten Sie die Vorgaben nach § 34 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung) zur Verhaltensweise bei einem Schadenereignis:
- Anhalten aller Beteiligten
- Unfallstelle sichern
- bei Bagatellschäden: schnellstmöglich Straße räumen und unnötige Verkehrsbehinderungen vermeiden
- Klarheit zu den Folgen des Schadens verschaffen
- Schaden dokumentieren
Achten Sie darauf, dass Sie den Straßenverkehr nicht unnötig blockieren, denn andernfalls droht laut Bußgeldkatalog eine Strafe in Höhe von 20 Euro. Ein Anruf bei der Polizei ist bei kleineren Schäden in der Regel nicht notwendig, Sie sollten jedoch dem Geschädigten Ihre Kontaktdaten mitteilen. Empfehlenswert ist die gemeinsame Aufnahme eines Unfallprotokolls sowie das Fotografieren der Beschädigungen.
Umgang mit der Kfz-Versicherung
Ist die Schuldfrage geklärt, kann der Schaden der Versicherung gemeldet werden. Die Kfz-Haftpflicht des Verursachers übernimmt auch Bagatellschäden, die Regulierung beeinflusst jedoch die Höhe des Schadenfreiheitsrabattes. Falls Sie den Schaden als Verursacher aufgrund der geringen Schadenhöhe aus eigener Tasche zahlen möchten, können Sie bei Ihrer Versicherung anfragen, ab welcher Schadenhöhe diese Vorgehensweise sinnvoll ist. Haben Sie den Schaden bereits gemeldet und ein Kostenvoranschlag der Werkstatt deklariert einen relativ geringen Schaden, können Sie diese Entscheidung auch noch nach der Meldung treffen. Wenn die Kfz-Haftpflichtversicherung keine Zahlung leistet, erfolgt auch keine Änderung des Schadenfreiheitsrabattes.
Als Geschädigter sollten Sie einen Gutachter jedoch erst nach Rücksprache mit der gegnerischen Versicherung beauftragen. Bei Bagatellschäden unterhalb von etwa 750 bis 1.000 Euro sind die Versicherer nicht zwingend zur Übernahme der Gutachterkosten verpflichtet. Aus diesem Grund würden Sie in diesem Fall bei einer vorschnellen Beauftragung eines Sachverständigen die Kosten für das Gutachten selbst tragen müssen.
Bagatellschäden bei Kauf & Verkauf
Als Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeuges sollten Sie mit dem Begriff der Unfallfreiheit dennoch vorsichtig umgehen. Wenn Sie nach einem kleineren Unfall oder Parkrempler äußerlich nur kleine oder sogar keine Beschädigungen feststellen, kann der äußere Anschein durchaus in die Irre führen. Bei modernen Fahrzeugen nehmen die weichen Kunststoffbauteile wie vordere und hintere Stoßfänger bei einem Unfall die Anstoßenergie nicht auf. Sie wird zu den verborgenen Bauteilen wie Gepäckraumboden oder Abschlussblech geleitet und kann hier Schäden verursachen, die für Laien nicht sichtbar sind.
Haben Sie den Wagen als „unfallfrei“ verkauft und der Käufer stellt nach dem Kauf entsprechende Schäden fest, kann dies zu ernsten Problemen führen. Die deklarierte Unfallfreiheit sieht der Gesetzgeber als wesentliches Merkmal des verkauften Fahrzeuges an, daher kann das Verschweigen des Unfallschadens durchaus als Betrug aufgefasst werden. Es ist daher absolut empfehlenswert, den Wagen vor dem Verkauf durch einen versierten Fachmann überprüfen zu lassen. Als Käufer ist die Einschaltung eines Gutachters ebenfalls sinnvoll. Dieser Check sollte nach Möglichkeit vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages vorgenommen werden. Dabei können durchgeführte Reparaturen und mögliche Unfallschäden festgestellt werden.
Fazit: Großer Ärger dank kleinem Schaden?
Auf den ersten Blick erscheinen viele Schäden als Bagatellschäden, die sich später als größerer Reparaturfall herausstellen. Eine erste Besichtigung durch eine Fachwerkstatt kann dazu beitragen, dass die Höhe des Schadens besser eingeschätzt werden kann. Die Einschaltung eines Sachverständigen ermöglicht eine optimale Beurteilung, sollte jedoch unbedingt in Absprache mit der Versicherung erfolgen. Andernfalls kann das Versicherungsunternehmen bei kleineren Schäden die Zahlung der Gutachterkosten durchaus verweigern.
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine Rechtsberatung. Bitte konsultieren Sie für eine rechtlich bindende Beratung einen Rechtsanwalt für Verkehrsrecht.